04.06.2013 Bericht über die internationale Bewertung des Gebisses beim Ridgeback

Hunde haben vier Kategorien von Zähnen, alle mit verschiedenen Funktionen.

Erklärungen zum Gebiss aus dem Magazin The Ridgeback Register (USA) von Denise Flaim,
übersetzt von M. Klopsch

Canines (engl.), Canini oder Fangzähne
Die Canini sind die vier langen „Fangzähne“ die ihr auf jeder Seite des Fanges oben und unten erkennt, wenn ihr den Hund direkt anseht. Sie sind zum Halten und Ziehen der Nahrung. Wenn sie schließen formen sie im Gebiss eine Schere in der die unteren Canini vor den oberen positioniert sind.

Incisors (engl.), Inzisiven oder Schneidezähne
Dies sind die Vorderzähne, zwischen den Fangzähnen. Es sind sechs Schneidezähne oben und sechs unten, also insgesamt zwölf vorhanden. Sie sind zum Schneiden, Knabbern und zur Fellpflege, insbesondere nach Flohbissen.

Premolars (engl.), Prämolaren oder Vorderbackenzähne
Die Prämolaren findet man unmittelbar hinter den Fangzähnen vor den Backenzähnen (Molaren). Es sind jeweils vier oben und unten auf jeder Seite vorhanden, insgesamt also 16. Die Funktion ist schneiden, halten und abscheren.
Der trügerische und schwer fassbare P1, der erste Prämolar nach dem Fangzahn, ist im Welpengebiss nicht vorhanden. Einige Hundeverbände in Europa argumentieren damit, dass der untere P1 einem Weisheitszahn des Hundes entspricht der sich im Zustand einer evolutionären Rückbildung befindet. Möglicherweise aus diesem Grund bewerten einige Richter, die sich ansonsten streng an die Vollzahnigkeit halten, das Fehlen eines P1 oder vergleichbarer Dinge, etwas nachsichtiger.

Molars (engl.), Molaren oder Backenzähne
Zum Zermahlen verwendet befinden sich die Molaren im hinteren Bereich des Kiefers, hinter den Prämolaren. Dies macht es schwierig sie zu erkennen, daher werden sie von einigen Richtern mit dem Daumen ertastet anstatt sie zu erspähen. Es sind vier Molaren oben (zwei auf jeder Seite des Oberkiefers) und sechs unten (drei auf jeder Seite des Unterkiefers) zusammen zehn.

(c) The Ridgeback Register, 2013. Translated and posted with permission of the publisher. http://www.RidgebackRegister.com

Bericht über die internationale Bewertung des Gebisses beim Ridgeback

Das Problem der Interpretationen bei mündlichen Überlieferungen

engl.: Word of Mouth

Warum bestehen einige Länder auf ein vollzahniges Gebiss beim Ridgeback?
Lasst uns mit einem großen Missverständnis aufräumen.

Ein Bericht von Denise Flaim, Chefredakteurin des US-Magazins "The Ridgeback Register".

Denise beschreibt in ihrem Bericht die allen Ausstellern bekannte, unterschiedliche Bewertung des Gebisses in Abhängigkeit von der Herkunft des Richters. Für Amerikaner ist es mehr als gewöhnungsbedürftig, wenn ein europäischer Richter den Fang des Hundes öffnet und anfängt die Zähne zu zählen, während es europäischen Ausstellern eher oberflächlich erscheint, wenn der amerikanische Richter nur kurz die Lefzen des Hundes anhebt um die Stellung der Schneidezähne zu sehen bevor er die übrige Bewertung vornimmt.

Ein vollständiges Gebiss mit 20 Zähnen im Oberkiefer und 22 im Unterkiefer ist offensichtlich eine gravierende Forderung in vielen europäischen Ausstellungsringen. Es geht soweit, dass bevor Hunde zu Ausstellungen besonders nach Deutschland und Teilen von Osteuropa gebracht werden, von den Kiefern Röntgenaufnahmen gemacht werden um die Existenz der Zähne zu belegen. FCI Richter haben Hunde disqualifiziert nur weil ihnen ein Prämolar fehlte.

"Die deutschen RR- Richter (jedenfalls die meisten) werten einen Hund mit fehlendem P1 von „Vorzüglich“ auf „Sehr Gut“ ab oder disqualifizieren beim Fehlen von zwei P1 bzw. einem P2 oder P3" scheibt eine deutsche Ridgeback-Liebhaberin und Ausstellerin in einer E-mail an die FCI –Standardkommission, um auf die verkehrte Interpretation aufmerksam zu machen.

„Es passierte unlängst auf einer Show in Deutschland“ fährt die Ausstellerin fort, „…dass eine Hündin eine sehr gute Beurteilung erhielt, aber wegen des fehlenden P2 disqualifiziert wurde. Im Richterbericht stand: ....nach dem Standard für Rhodesian Ridgebacks ist die Hündin wegen des Fehlens eines P2 zu disqualifizieren“. Als die Ausstellerin den Richter nach der Show nach seiner Einstellung zu fehlenden Zähnen befragte erhielt sie als Antwort: „Bei zwei gleich guten Hunden erhält der mit dem vollständigen Gebiss die bessere Platzierung. Beim Fehlen eines P2, P3, P4 oder zwei P1 wird der Hund disqualifiziert“.

Die Ausstellerin fährt fort, dass dies nicht so von FCI Richtern aus anderen europäischen Ländern einschließlich Skandinavien, Frankreich, Niederlande oder Belgien gesehen wird.
Das Problem mit dem "Zahnfee-Trend" ist neben der Tatsache, dass wertvolles Zuchtpotential wegen eines fehlenden Zahnes ausgeschlossen wird, die falsche Interpretation des Standards.

Der RR FCI-Standard sagt unter Kiefer/Zähne:
a) Starke Kiefer, mit einem perfekt schließenden und vollständigen Scherengebiss,
b) das heißt, dass die oberen Schneidezähne die unteren Schneidezähne dicht übergreifen und senkrecht im Kiefer stehen.
c) Die Zähne müssen gut entwickelt sein, besonders die Eck- oder Fangzähne.

Das Problem beginnt mit der Falschinterpretation des Begriffes Gebiss (engl. bite, z.B. scissor bite = Scherengebiß) welcher die Ausrichtung der Zähne beschreibt. Ein Hund mit einem fehlerhaften Gebiss hat eine Zahnstellung die wir als Vor-, Rück- oder Kreuzbiss kennen. Der Ausdruck „Gebiss“ hat nichts mit der Vollständigkeit zu tun. Der Ausdruck für die Vollzahnigkeit des Gebisses ist im englischen „dentition“ (z.B with full dentition oder auch full set of teeth)

Der FCI-standard sagt aktuell zur Definition des Gebisses:

…….das heißt, dass die oberen Schneidezähne die unteren Schneidezähne dicht übergreifen und senkrecht im Kiefer stehen.

mit anderen Worten, eine perfekte Ausrichtung aufweisen. Es ist durchaus möglich, dass die Ausrichtung der Zähne nicht korrekt ist z.B. bei einem Kreuzbiss. Bei dieser Gebissanomalie stehen einige der oberen Schneidezähne bei geschlossenem Fang hinter den unteren Schneidezähnen.

Offensichtlich herrscht bei den Begriffen Gebiss und Vollzahnigkeit Konfusion bei einigen FCI Richtern, insbesondere bei denen in Deutschland. Allerdings existieren in Deutschland einheimische Dienst- und Gebrauchshunderassen bei denen das „Zähnezählen“ erforderlich ist.

Somit wurde allem Anschein nach beschlossen, dass "Perfekt"und "Vollständig" sich auf die Vollzahnigkeit und nicht auf das Gebiss bzw. den Zahnschluss beziehen.
Um ein klares Argument gegen die Vollzahnigkeit und für das Gebiss vorzubringen müssen wir den Britischen Standard bemühen. Bevor der Ridgeback-Standard wieder in die Kontrolle der KUSA (Kennel Union of Southern Africa) zurückgegeben wurde, war er in den Händen des britischen Kennel Club (KC). Die missverständliche Beschreibung :

„perfekt entwickeltes und komplettes Scherengebiss"

ist nicht allein im Ridgeback-Standard, sondern in vielen anderen britischen Rassestandards wiederzufinden wie z.b. Bichon Frise, Cavalier King Charles, Chinese Crested und Chihuahuas.

Verlangen deutsche Richter ein vollzahniges Gebiss beim Chinese Crested oder Chihuahua?

Während eine vollständige Zahnung bei vielen Arbeits- und Gebrauchshunderassen erforderlich ist, wird sie beim Schweiß - und Sichthund (auf Sicht jagend) nur in Ausnahmen verlangt, z.B. beim Barsoi (Russischer Windhund). Hier sagt der Britische Standard:

Jaws strong with a perfect, regular and complete scissor bite, i.e. upper teeth closely overlapping lower teeth and set square to the jaws. Full, strong dentition desirable.

(Übersetzt: Kiefer kräftig mit einem einwandfreien, gleichmäßigen und vollständigen Scherengebiss, das heißt, die oberen Zähne überlappen eng die unteren Zähne und sitzen rechtwinklig im Kiefer. Vollzählige, starke Zahnung ist wünschenswert.)

(Anmerkung von M. Klopsch zu den obigen Ausführungen: Bei diesem Beispiel bezieht sich die Berichtschreiberin Denise Flaim auf den Britischen Barsoi Standard.
Der FCI Standard für den Barsoi sagt lediglich:
Kiefer / Zähne: Kräftiger Unterkiefer, Zähne weiß und kräftig; Scheren- oder Zangengebiss.

Hier fehlt also die Ergänzung bezüglich der Vollzahnigkeit.)

Ende der Anmerkung.

„Meiner Meinung nach bezieht sich ein gut entwickeltes perfektes, komplettes Scherengebiss auf das was zwischen den Fangzähnen passiert" sagt der bekannte britische Richter Andrew Brace, der Ridgebacks weltweit gerichtet hat. "An dem Tag, an dem ich einen exzellenten Hund wegen eines fehlenden Prämolaren ignoriere, werde ich das Richten aufgeben".

Der grundlose Fetischismus des vollzahnigen Gebisses hat sich in vielen Übersee-Zuchtvereinen einschließlich in Deutschland eingebürgert. Hier kann man z.B. die Nachzucht vom weiteren Zuchteinsatz ausschließen. Zuchtvereine in anderen Ländern sehen es laxer. So können Nachzuchtwelpen registriert werden wenn Züchter direkt dem Verband angehören und nicht über den Club registrieren müssen.

„Zuchtvereine sollten ihre Züchter nicht zwingen ausschließlich mit vollzahnigen Hunden zu züchten, da sie wertvolles Zuchtmaterial und gesunde Linien dadurch ausschließen.“ sagt RR-Züchter und Richter John Berg (Maendeleo Kennel, Schweden). „Ich finde viele Zuchtvereine sind zu engstirnig, das erzürnt die Züchter und sie wandern ins Ausland um einen neuen Club zu gründen. Außerdem…" ergänzt John Berg "…kann kein Züchter garantieren, dass die Nachzucht der vollzahnigen Eltern auch vollzahnig ist, denn es handelt sich hier um einen polygenetischen Erbgang.“

Niemand ignoriert die Bedeutung eines funktionalen Gebisses bei Arbeitshunden wie dem Ridgeback, jedoch sind die Befürchtungen, dass ein vollzahniges Gebiss zu Lasten von ebenso bedeutsamen anatomischen Gegebenheiten geht wie z.B. dem Profil, die Stellung der Vorder- u. Hinterhand usw.

Wie bei vielen Dingen in der Zucht fokussiert man sich zu sehr auf einzelne Bereiche des Hundes, d.h. man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. "Da gibt es viel mehr Dinge zu befürchten als ein fehlender P1 oder anderer Prämolar" endet John Berg.

(c) The Ridgeback Register, 2013. Translated and posted with permission of the publisher. http://www.RidgebackRegister.com

Anmerkung von Martin Klopsch (FCI Spezialzuchtrichter für RRs):

Der Bericht beschreibt, dass Zuchtrichter in einigen, wenigen europäischen Ländern und offensichtlich vor allem in Deutschland auf ein funktionales und vollzahniges Gebiss mehr Wert legen als der Standard definitionsgemäß und in korrekter Übersetzung fordert. Allerdings lässt der Bericht die Frage offen was denn nun richtig und was falsch ist. Am Beispiel des Barsoi (Russischer Windhund) bringt Denise Flaim den klassischen Fall, das der Britische Standard das Gebiss als ein perfektes Scherengebiss beschreibt und zusätzlich die Vollzahnigkeit (engl.: full dentition) als wünschenswert hervorhebt.
Im Gegensatz dazu sagt der FCI –Standard, an dem sich nun mal alle FCI -Zuchtrichter halten müssen, lediglich: Kräftiger Unterkiefer, Zähne weiß und kräftig; Scheren- oder Zangengebiss.
Des Weiteren kann man lesen, dass die Vollständigkeit der Zähne für einen Chiuahuah bzw. Chinese Crested (brachycephale Kopfform) im Vergleich zu dem Barsoi (dolchycephale Kopfform) in Frage gestellt werden und beides vor dem Hintergrund des Ridgebacks (mesocephale Kopfform). Aus der Beschreibung dieser Kopfformen des Hundes können Sie natürlich sehr schnell erkennen, dass diese Standards nicht in einen Topf geworfen werden und als Vergleich herangezogen werden können.

Ich werde zu dem Bericht von Denise Flaim einen Leserbrief an die Redaktion schreiben und die Frage ausformulieren: Wie können wir uns bei der Bewertung des Hundes auf ein einheitliches System einigen mit dem der Ridgeback immer noch in Wesen, Form und Funktionalität gewahrt wird.

Dieses Thema haben wir im Beisein von Denise Flaim lang und breit auf dem RR World Congress 2012 in Kanada diskutiert mit dem Ergebnis: Wir brauchen einen internationalen Standard, der die Rasse weltweit einheitlich und klar beschreibt.

Zu befürchten ist, dass wenn die Zahnbeurteilung auf ein Minimum d.h. den Gebissschluss reduziert wird, das dann vielleicht auch die dunkle, mahagoni-Fellfarbe, das symmetrische Rassemerkmal (Ridge/Box), die Größe usw. bedeutungslos werden.

Ich berichte zeitnah wieder an dieser Stelle über die internationale Resonanz.

Martin Klopsch

Vorsitzender der
Zuchtrichterkommission
i. d. DZRR

Kopfformen des Hundes "Bericht von Martin Klopsch"

Bei den Hunden wird grundsätzlich zwischen drei Kopfformen unterschieden:

brachycephal
mesocephal
dolichocephal

Cephal bedeutet übersetzt Kopf. Brachy steht für kurz, meso für mittel und dolicho für lang.

Hundekopf – brachycephal:

Ein Hund mit einem brachycephalen Kopf hat ein verkürztes Gesicht. Die Breite des Schädels bei Hunden dieser Art entspricht mindestens 80% der Schädellänge. Oft liegt bei diesen Hunden die Haut über dem Fang und im Gesicht in Falten. Leicht hervor-
stehende Augen und ein vorständiges Gebiss kommen ebenfalls häufig bei Hunden mit einer brachycephalen Kopfform vor. Zu den Hunderassen mit brachycephalem Kopf gehören der Pekinese, der Mops und die Bulldogge.

Hundekopf – mesocephal:

Mesocephale Köpfe weisen eine mittlere Größe auf, wobei die Länge des Fanges annähernd der Länge des Hinterkopfes entspricht. Der Hinterkopf ist bei Hunden mit einer mesocephalen Kopfform allgemein breiter als der Fang. Ridgeback, Dalmatiner, Norwegischer Elchhund und Labrador Retriever zählen u.a. zu den Hunderassen mit mesocephalem Kopf.

Hundekopf – dolichocephal:

Ein dolichocephaler Kopf ist durchgehend vom Hinterkopf bis zum Fang schmal und lang. Barsoi, Collie und Whippet sind Hunderassen mit einer dolichocephalen Kopfform.